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Ketose Teil 3: Wie funktioniert therapeutische Ketose?

Ketose Teil 3: Wie funktioniert therapeutische Ketose?

Ketose verbessert die Libido. So, nachdem ich Eure Aufmerksamkeit habe, geht es erst einmal um therapeutische Ketose. Aber keine Sorge, am Ende des Beitrags geht es doch auch ein bisschen um die Libido.

Ketose ist ein Zustand, der sowohl zur Energiegewinnung, wie auch für Reparaturprozesse genutzt werden kann. Solange dem Körper (auch in Ketose) Bau- und Brennstoffe zugeführt werden, läuft die Autophagie aber nur auf basalem Niveau. Will man die Autophagie steigern und damit den Körper regenerieren, ist eine Ketose unter Verzicht auf Nahrung nötig: das Fasten. Eine wichtige Rolle in diesem Zusammenhang spielt das Insulin.

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Unser Körper ist dafür gemacht, auch in Hungerzeiten zu überleben. Wäre es nicht so, wäre der Mensch längst ausgestorben. Unsere Vorfahren hatten die längste Zeit keinen Kühlschrank und Nahrung konnte nur bedingt haltbar gemacht werden. Insbesondere zu Zeiten der Jäger und Sammler musste man sich auf sein Depot, das Körperfett, verlassen. Darauf kann man noch heute zurückgreifen, wenn keine Nahrung vorhanden ist.

Isst man Kohlenhydrate, erhöht das den Blutzuckerspiegel, was dann den Insulinspiegel steigen lässt. Ohne Kohlenhydrate fällt neben dem Blutzucker auch der Insulinspiegel. Erst diese Kombination gibt den Startschuss, um das Körperfett zur Energieproduktion zu verwenden, da Insulin die Lipolyse ("Fettabschmelzen") hemmt.

Wenn man keine Kohlenhydrate mehr isst, benötigt der Körper jedoch einige Zeit, bis er das Körperfett zur Energiegewinnung nutzen kann, da er den Blutzuckerspiegel durch das Freisetzen von Glykogen in der Leber und in den Muskeln noch einige Zeit stabilisieren kann. Erst wenn das Glykogen aufgebraucht ist, sinkt der Blutzuckerspiegel ab. Um zu kontrollieren, ob man sich in der therapeutischen Ketose befindet, sollte man daher das Verhältnis von Blutzucker (Glukose) und Ketonen bestimmen. Das wird als GKI, Glukose-Keton-Index) bezeichnet. Ketonkörper im Blut alleine reicht noch nicht aus, um sich in therapeutischer Ketose zu befinden.

Fasten ist ein fester Bestandteil aller Religionen. Der Fastende reinigt damit nicht nur seinen Geist, sondern auch seinen Körper. Wir empfehlen unseren Patienten, sich an das Fasten langsam heran zu tasten. Je länger man es nicht getan hat, desto schwieriger fällt es am Anfang. Ein idealer Einstieg ist das Intermittierende- oder Intervall-Fasten. Hier werden noch nicht einmal die Kalorien reduziert, sondern die Nahrungsaufnahme erfolgt in einem kleinen Zeitfenster von 8 Stunden (bei 16 Stunden am Tag fasten). Selbst hier kann es helfen, sich erst einmal mit 10/14 über 9/15 an 8/16 heranzutasten. Hat man dies für etwa 4 Wochen getan, kann man sich an das "echte" Fasten ohne Nahrungsaufnahme heranwagen.

Zu Beginn einer Fastenperiode kann es Sinn machen, die Reaktion des Körpers auf Nahrungsentzug erst einmal grob zu testen. Dazu reichen in der Regel Teststreifen, mit denen man im Urin das Ausscheiden von Ketonkörpern überprüft (z.B. mit Ketostix). Diese entstehen, wenn der Körper durch Lipolyse das Fett aus den Adipozyten befreit und in Ketone umwandelt. Diese sind im Gegensatz zu Fett wasserlöslich und können leicht im Blut transportiert werden. So gelangen sie auch in den Urin. Sie können auch wie Zucker die Blut-Hirnschranke überwinden. Die Keto-Teststäbchen vermitteln schon einmal ein Gefühl dafür, wie lange es individuell dauert, bis der Körper auf Ketose umstellt. Erfahrungsgemäß kann dies zwischen 24 und 72 Stunden dauern. Die Zeit dauert länger, wenn der Körper darauf nicht trainiert ist und wird kürzer, je flexibler der Stoffwechsel ist. In dieser Phase kann es insbesondere dann, wenn sich der Körper nur langsam auf die Produktion von Ketonkörpern umstellt, zu Kopfschmerzen kommen (Carb-Flu, Keto-Flu (1, 2), oder Keto-Grippe genannt), da dem Gehirn dann nicht genügend Energie zur Verfügung gestellt werden kann. In solchen Fällen kann die Umstellung des Körpers mit der Gabe exogener Ketone wie MCFA (C8 und C10 Körper aus Kokosnuss in Form von MCT-Öl) unterstützt werden, damit das Gehirn weniger unter dem Zuckerentzug leidet (Jensen et al., 2020).

Um den Zustand der therapeutischen Ketose dann exakter zu ermitteln, sollte man den GKI (Glukose-Keton-Index) im Blut bestimmen (Meidenbauer et al, 2015). Es gibt Geräte, die Glukose in mg/dL oder welche, die Glukose in mmol/dL angeben. Ketone werden auf beiden Gerätetypen in mmol/dL angegeben. In Deutschland ist die mg/dL Angabe für Glukose üblicher. Um den Quotienten von Glukose zu Ketonen zu ermitteln, muss der Blutzuckerwert in mg durch 18 dividiert werden. Das ergibt dann den mmol Wert.

Eine tiefe, therapeutische Ketose liegt bei einem Quotient zwischen 1 und 3 vor. Zwischen 3 und 6 liegt eine moderate Ketose vor, die schon zur Verbesserung der Insulinresistenz beiträgt. Legt man "nur" Wert auf die Gewichtskontrolle (Abnehmen anstatt Zellregeneration), dann kann man einen milden GKI zwischen 6 und 9 anstreben. Dies erreicht man z.B. mit Ketonwerten zwischen 0.5 und 3 mmol/dL und parallelen Blutzuckerwerten zwischen 70–125 mg/dL (3.9–6.9mmol/L).

Die therapeutische Ketose darf nicht mit der Ketoazidose verwechselt werden. Diese tritt am häufigsten als Komplikation bei einem unbehandelten Diabetes Typ 1 mit absolutem Insulinmangel auf. Hier steigt neben den Ketonen auch der Blutzuckerspiegel stark an. Der Körper kann bei der Ketoazidose jedoch weder den Blutzucker, noch die Ketonkörper zur Energieproduktion verwenden und es kommt zum Absinken des pH-Wertes im Blut, weil Säuren entstehen. Zu diesem starken Säureanstieg kommt es bei der therapeutischen Ketose jedoch nicht, da die Ketone kontinuierlich zur Energieproduktion abgebaut werden.

Wir empfehlen unseren Patienten nicht, die therapeutische Ketose längere Zeit anzustreben. Erreicht man durch Fasten einen GKI unter 3, reicht es, wenn man dies für 24 bis 48 Stunden beibehält. Danach raten wir dann wieder dazu, dem Körper durch Nahrung die entsprechenden Bausteine, aber auch moderate Mengen an Kohlenhydraten zuzuführen (FF, für engl. Fast and Feast oder zu deutsch Fasten und Fressen). Dies entspricht in etwas der zyklischen Keto-Diät. Hierbei wird die Ketose nicht durch kompletten Nahrungsentzug, sondern durch keinen Konsum von Kohlenhydraten, aber von Eiweiß und Fett erreicht. In Kombination mit dem zyklischen Konsum von Kohlenhydraten und intensivem Sport soll der Körper sowohl Fett verbrennen, aber auch Muskel aufbauen. Der Vorgang des Fettabbaus ist ein kataboler Vorgang. Da in der Phase der Ketose auch der Energieträger Glykogen im Muskel abgebaut wird, kann es bei starkem Training dazu kommen, dass der Muskel zur Energieproduktion Muskeleiweiß verwendet, was ja genau der gegenteilige Effekt von dem ist, was man erreichen will. Insulin, das ja freigesetzt wird, wenn der Blutzuckerspiegel ansteigt, ist ein anaboles, aufbauendes Hormon. Es wurde früher durchaus zum Doping eingesetzt, um Körpermasse aufzubauen.

Daher werden von Bodybuildern abwechselnd zur Keto-Phase (Fettabbau) immer wieder Phasen mit Kohlenhydratkonsum getaktet (Masseaufbau). Dies funktioniert aber nur für den Muskelaufbau, wenn die Kohlenhydrate auch durch Training "verbrannt" werden, da sie ansonsten wieder in Fett umgewandelt werden.

Auch beim Fasten leeren sich im Muskel die Glykogenspeicher. Um hier zu verhindern, dass Muskelprotein zur Energiegewinnung verwendet wird, empfiehlt es sich, die Ketose mittels Fasten nicht zu übertreiben und die Muskel durch moderates Training vor Abbau zu schützen. Dafür ist dann aber auch nur eine moderate Menge an Kohlenhydraten notwendig (max. 150 bis 200g am Tag).

Nun zur Libido: Mittelfristig führt der Regenerationsprozeß im Körper zur Abnahme von Körperfett, Aufbau von Muskeln, Reduktion der Fettleber und Verbesserung der gesamten Hormonsituation. Das alleine führt ja schon dazu, dass man sich in seiner Haut wohler fühlt, und das hat oft schon einen positiven Einfluss auf die Libido. Das Hormon, welches die Libido sowohl bei Männern, als auch bei Frauen stark beeinflusst, ist das Testosteron. Im Zustand der Ketose findet man im Blutserum erhöhte Testosteronwerte (Furini et al, 2023). Das alles kann dazu beitragen, dass sich auch die Libido verbessert, weshalb die amerikanische Ärztin Courtney Hunt nicht nur zum Wechsel von Ketose und Kohlenhydratkonsum (FF), sondern zu FFF rät: Fast-Feast-Fuck (zu deutsch Fasten-Fressen-Fxxx).

Solltet Ihr Unterstützung bei der Umsetzung der Therapeutischen Ketose wünschen, könnt Ihr Euch gerne in unserer Praxis melden: Kontakt

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