Direkt zum Hauptbereich

Jod und der Darm


Jod und der Darm
Jod ist für Schilddrüse und Schilddrüsenhormone wichtig, wie mittlerweile bekannt ist. Aber dass Jod auch im Darm eine wichtige Rolle spielt, wissen nur wenige.
Am 16. März fand in Düsseldorf der 2. Deutsche Jod-Kongress statt, den die Firma Tisso wie im letzten Jahr organisierte. Dieses Jahr durften wir über Jod und die Darmgesundheit sprechen.
Wie im letzten Jahr fasse ich hier die wesentlichen Punkte unseres Beitrags zusammen.
Da Jod ein Spurenelement ist, besitzt unser Körper Anreicherungsmethoden, um das Jod aus der Nahrung aufzunehmen. Spezielle "Jod-Pumpen" saugen das Jod aus dem Darm in das Blut und versorgen damit die inneren Organe wie die Schilddrüse damit.
Aber der Körper scheidet Jod über den Speichel und die Magenflüssigkeit auch in den Verdauungstrakt aus (Venturi and Venturi, 2009). Warum tut dies der Körper? Um das zu verstehen, müssen wir ein wenig in die Entwicklungsgeschichte eintauchen.
Vor über 2 Milliarden Jahren stieg der Sauerstoffgehalt in unserer Erdatmosphäre langsam an (schön beschrieben in dem Buch Oxygen - The Molecule that made the World von Nick Lane). Die bis dahin lebenden Organismen hatten sich an die reduzierenden Bedingungen der bis dato vorherrschenden Atmosphäre gewöhnt. Der neu auftauchende Sauerstoff war für sie ein Gift, das ihre wertvollen Biomoleküle durch Oxidation zerstören konnte. Daher waren Gegenmittel gefragt. Ein besonders gut geeignetes Gegenmittel war das Jod, welches in der Lage ist, hochreaktiven Sauerstoff zu neutralisieren. Dazu entwickelten sich in Algen Jodpumpen (die Jod-Natrium Symporter, über die ich im letzten Jahr, auf dem 1. Jod-Kongress sprach).
Jod wird dabei in der Form von Iodit als Antioxidant verwendet. Daraus entwickelte sich später dann ein Iodit/Peroxidase System. Schon Schwämme besitzen eine Verdauungshöhle, in der Jod angereichert wird, damit es eine anti-mikrobielle Wirkung entfalten kann (Venturi and Venturi, 1999; Venturi et al, 2000). Thyroxin (T4) existiert bereits seit 700 Millionen Jahren, lange bevor es Schilddrüsen gab. Ursprünglich hatte es daher keine Hormonfunktion, sondern diente als Jodspeicher und Jod-Transportmolekül. Erst vor etwa 500 Millionen Jahren entwickelten sich die ersten alpha-T3 Rezeptoren. Damit konnte T3 eine Rolle in der Metamorphose übernehmen. Erst vor etwa 250 Millionen Jahren entstanden die beta-T3 Rezeptoren. Damit übernahm T3 dann eine Rolle im Stoffwechsel und in der Temperaturregulation der ersten Landlebewesen.
Die Schilddrüse entwickelte sich dabei aus einem primitiven Darm, dem Endostyl/Kiemendarm (Zechmann, 2015). Wahrscheinlich war die erste Schilddrüse nichts weiter, als ein Jodspeicher. Aus dem histologischen Ursprung heraus haben haben Schilddrüsen- und Darmgewebe daher noch heute Gemeinsamkeiten: Polarität, apikale Mikrovilli, die Fähigkeit Iodotyrossine mit Hilfe von Peroxidasen herzustellen, Sekretion von Glykoproteinen und sogar gemeinsame organspezifische Antigene, was evtl. bei der Entstehung von Hashimoto eine Rolle spielen könnte.
Aus dem Körper in den Darm hinein kann das Jod über verschiedene Moleküle transportiert werden: Cl-Kanäle, PENDRIN, ANO1 und CFTR. Aus dem Darm heraus wird Jod durch die NIS und SMVT gepumpt (Vieja and Santisteban, 2018). Mit diesen Transportern wird nun Jod über den Speichel und die Magenflüssigkeit in den Verdauungstrakt hineingepumpt, und im Dünndarm wieder resorbiert. Durch dieses System wird insgesamt bis zu 99% des Jods im Dünndarm wieder dem Kreislauf zugeführt. Im Speichel wird mittels der DUO2 H2O2 produziert, im Magen mittels Myeloperodidase. Daraus entsteht dann mit Iodid Hypoiodit, welches starke antibakterielle Aktivität besitzt und damit die Magenschleimhaut vor Pathogenen schützt. Dabei entsteht dann Jod, welches im Dünndarm wieder resorbiert wird. Ein ähnliches Prinzip liegt in der Schilddrüse vor, wo mit H2O2 und Jodid mit der TPO (Thyroidperoxidase) T3 und T4 hergestellt werden.
Eine zu hohe Zufuhr von Jod führt zu einer Reduktion der NIS. Damit wird die Aufnahme in den Körper reduziert. Dies ist der Grund, warum in Japan wesentlich höhere Mengen an Jod konsumiert werden können, da eine kontinuierlich hohe Zufuhr die Aufnahme herunter regelt. Hohe Mengen an Jod, die nicht aufgenommen werden, können dann in den Dickdarm gelangen und dort das Mikrobiom negativ beeinflussen.
Jod hatte also lange bevor es zur Synthese von Schilddrüsenhormonen verwendet wurde, wichtige Funktionen im Darm, wo es als antimikrobielle Substanz eingesetzt wurde und heute noch wird. Tatsächlich ist das Mikrobiom des Darms heute für etwa 20% der Umwandlung des inaktiven T4 in das aktive T3 verantwortlich und damit unterstützt der Darm die Schilddrüse ganz wesentlich.

Unsere Produktempfehlung:

Um Kommentare zu teilen, öffnen Sie das Dokument: Klick hier
Klicken Sie nach dem Öffnen des Dokuments auf die blaue Schaltfläche in der oberen rechten Ecke. Klicken Sie dann in der rechten unteren Ecke des Dialogs auf "Erweitert", geben Sie Ihre Google Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Senden".
 -

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Sind Transfette eigentlich gefährlich?

Immer wieder wird man mit Aussagen zu Fetten konfrontiert, die sich anscheinend widersprechen. Einmal sind z.B. Transfette gefährlich, ein anderes Mal eben nicht. Wie kommt es zu solchen Widersprüchen? Fette sind aus Glyzerin und Fettsäuren aufgebaut. Es gibt nun einmal nicht eine einzige trans-Fettsäure, sondern viele verschiedene. Deshalb gibt es auch verschiedene trans-Fette. Diese unterscheiden sich in der Länge (= Anzahl der Kohlenstoffatome in der Kette), aber auch in der Art und Anzahl der Verbindungen der Atome in den Fettsäureketten. Dabei können zwei Kohlenstoffatome entweder mit einer Einfach- oder einer Doppelbindung miteinander verbunden sein. Kommen in einer Fettsäure Doppelbindungen vor, spricht man von einer ungesättigten Fettsäure, die mit nur Einfachbindungen zwischen den Kohlenstoffatomen heißen gesättigte Fettsäuren. Wenn eine Fettsäure eine Doppelbindung aufweist, kann diese in einer cis- oder einer trans-Anordnung vorliegen: bei cis-Anordnung (cis = diesseiti

Long Covid und Post Vac Syndrom: Wie entstehen sie?

Long Covid und Post Vac Syndrom - Wie entstehen sie? Seit Beginn der Corona-Pandemie haben sich Milliarden Menschen mit Sars-CoV-2 infiziert und es wurden Milliarden Menschen dagegen geimpft. Bei solch hohen Zahlen treten auch seltene Ereignisse mittlerweile gehäuft auf. Dazu gehören Long Covid und das Post Vac Syndrom. Bildquelle Bisher weiss man nicht, warum der Großteil der Infizierten, aber auch der Geimpften keine oder nur geringe Probleme hat. Es gibt jedoch Faktoren, die das Risiko für Long Covid, wie auch Post Vac Syndrom erhöhen. Dazu gehören das Geschlecht (Frauen sind häufiger betroffen), Alter, Übergewicht, Asthma u.a. ( Schieffer und Schieffer, 2022 ). Unter Long Covid versteht man Symptome, die auch nach mehr als 4 Wochen nach einer akuten Infektion oder Erkrankung nicht abgeklungen sind. Das RKI gibt an, dass Long Covid bei 7,5 bis 41 % der Patienten ohne Hospitalisierung auftritt. Das Post Vac Syndrom beschreibt ähnliche Symptome, die sich nach einer Impf

Methylenblau

Methylenblau - gut oder böse? Methylenblau ist eigentlich ein alter Wein in neuen Schläuchen. Seit Jahren wird es immer wieder als ein Geheimtipp zur "Selbstoptimierung" gehandelt. Aber ist es wirklich ein so ungefährlicher Stoff, dass sich Laien damit selbst behandeln können? Bildquelle Methylenblau wurde zum ersten Mal 1876 von dem deutschen Chemiker Heinrich Caro aus Teer hergestellt. In die Medizin wurde die Substanz durch Paul Ehrlich eingeführt. Er verwendete den Farbstoff, um Zellen für die Mikroskopie zu färben. Dabei fand er heraus, dass sich Methylenblau in Parasiten und von Parasiten befallenen Zellen anhäuft. Daraus wurde eine Behandlungsmethode für Malaria entwickelt. Das war der Beginn der modernen Pharmakologie. Seine Wirkung entfaltet Methylenblau durch seine Fähigkeit, als Redox-Mittel zu agieren. Nimmt Methylenblau 2 Elektronen auf, wird es zum farblosen Methylenweiß. Gibt Methylenweiß zwei Elektronen ab, wird es wieder zu Methylenblau. Methyle