Es ist heute ohne Frage akzeptiert, dass die Leber entgiften kann. Wissenschaftlich umstritten ist jedoch noch immer die Frage, ob man die Leber selbst entgiften kann.
Die Leber ist das Hauptorgan, welches für die Entgiftung von Fremdstoffen (z.B. Medikamente, Pflanzenschutzmittel, Schwermetalle, aufgenommene organische Lösungsmittel = Xenobiotika) und eigene Stoffwechselprodukte (= Endobiotika) zuständig ist. Wasserlösliche Substanzen können relativ leicht über die Nieren und auch die Gallenflüssigkeit ausgeschieden werden. Fettlösliche (lipophile) Substanzen müssen, damit sie ebenfalls auf diesem Wege ausgeschieden werden können, durch aufwändige Reaktion erst einmal löslich gemacht werden. Dieser Prozess wird als Biotransformation bezeichnet und ist in drei Phasen unterteilt. In Phase 1 werden lipophile Substanzen „funktionalisiert“, d. h. sie werden durch Reduktion, Oxidation oder Hydrolyse aktiviert. In Phase 2 werden an diese aktiven Stellen polare Moleküle angehängt (Konjugationsreaktion). Zu diesen polaren Molekülen gehören Glutathion, Sulfat, Glycin, Cystein oder Glucoronsäure. Damit diese Kopplung durchgeführt werden kann, sind adäquate Mengen der polaren Moleküle notwendig für eine effektive Entgiftung. In Phase 3 werden die nun löslichen Produkte aus den Zellen heraus geschleust und abtransportiert.
Gelingt dieser Prozess nicht oder nur ungenügend, können sich fettlösliche Substanzen im Körper anreichern (Cohen, 2007), was Bioakkumulation genannt wird. Es wird vermutet, dass diese im Fettgewebe eingelagerten Toxine für die Entstehung einer Reihe von so unterschiedlichen Krankheiten wie Krebs, Parkinson‘sche Krankheit, Fibromyalgie und Störungen des Immunsystems verantwortlich sind.
An den biochemischen Reaktionen der Phasen 1 und 2 sind sehr viele verschiedene Enzyme beteiligt. In der Phase 1 spielen die Enzyme der Cytochrom P450 Großfamilie eine wichtige Rolle. Während diese Enzyme die lipophilen Substanzen funktionalisieren/aktivieren entstehen weitere hochreaktive Produkte, die dann zusammen mit den Produkten der Phase 1 Reaktion in Phase 2 unschädlich gemacht werden. Wenn nun ein Missverhältnis zwischen der Aktivität der Enzymaktivität in Phase 1 und 2 besteht, können sich die Produkte der Phase 1 aufstauen und auch wieder zu Krankheiten wie Krebs, Lupus erythematosus und der Parkinson’schen Krankheit führen. Die Phase 2 Enzyme benötigen Co-Faktoren, die über die Nahrung aufgenommen werden müssen.
Die natürliche Entgiftungsaktivität eines Menschen ist von verschiedenen Faktoren wie Belastung durch die Umwelt, Alter, Geschlecht, Lebensstil, aber auch genetische Faktoren abhängig. Verschiedene Personen können unterschiedliche Genvarianten für Phase 1 und 2 Enzyme besitzen, die wiederum unterschiedliche Aktivitäten haben (Liska, 1998). Aus diesem Grund ist das natürliche Entgiftungspotential verschiedener Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt. So gibt es Polymorphismen für Cytochrom P 450 der Phase 1, aber auch Polymorphismen des Enzyms Glutathion-S-Transferase für die Phase 2 (Schnekenberger et al., 2014). Eine durch Polymorphismen verursachte Entgiftungsschwäche kann durch eine gesteigerte Versorgung mit anti-oxidativen Mikronährstoffen wie Selen und Vitamin C kompensiert werden.
Das primäre Ziel einer sog. Leberentgiftung ist es daher, die natürliche Aktivität der Leber bei der Entgiftung zu unterstützen. Dazu werden in der Naturheilkunde verschiedene Pflanzen eingesetzt. Auch wenn es für viele naturmedizinisch eingesetzte Stoffe keine klinischen Studien gibt, heißt dies nicht, dass sie keine Wirkung haben und oft hat sich gezeigt, dass der Jahrhunderte lange Gebrauch dieser Substanzen einen biochemischen Hintergrund hat.
Die Ellagsäure, die besonders in Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Granatäpfeln und auch Walnüssen vorkommt, induziert verschiedene Phase 2 Enzyme, während sie Phase 1 Enzyme inhibiert. Knoblauchöl, Rosmarin und Kohl haben Inhaltsstoffe, die Phase 2 Enzyme aktivieren. Generell sind Stoffe, die die Phase 2 Enzyme aktivieren für eine Entgiftung gut, da sie die Balance zwischen Phase 1 und 2 optimieren.
Ein zweites Ziel der Leberentgiftung ist die Entgiftung der Leber selbst. Bei der Fettleber können Giftstoffe direkt im Lebergewebe eingelagert sein. Da es wichtig ist, eine Leberverfettung abzubauen, kann durch Gewichtsreduktion und Veränderungen der Ernährungs- und Lebensgewohnheiten das Fett der Leber mitreduziert werden. Speziell in dieser Situation werden jedoch auch fettgebundene Giftstoffe befreit, die das empfindliche Lebergewebe bei der Entgiftung wieder vergiften können. Auch bei anderen Lebererkrankungen wie Zirrhose oder chronischer Hepatitis sind leberschützende Substanzen gefragt (Madrigal-Santillan et al., 2014). Ein altbekanntes Mittel stammt aus der Mariendistel (Silybum marianum). Diese Pflanze enthält Stoffe, die unter dem Namen Silymarin zusammengefasst werden; sie haben sowohl anti-entzündliche, wie auch anti-fibrotische Eigenschaften und schützen durch verschiedene Mechanismen das Lebergewebe (Luper, 1998). Aus der ayurvedischen Medizin stammt das Kurukraut (Picroriza kurroa), welches ähnliche Wirkung wie die Mariendistel zeigt. Andere leberprotektive Substanzen sind in Kurkuma oder auch Gelbwurz (Curcuma longa), der zur Ingwerfamilie gehört, enthalten. Da die Aufnahme nach Verzehr nur gering ist, wird empfohlen, Kurkuma in Verbindung mit schwarzem Pfeffer zu verzehren, was die Aufnahme bis zu 2000fach erhöht. Die Wirkung beruht wahrscheinlich auf antioxidativen Fähigkeiten. Auch grüner Tee (Camelia sinensis), Wurzelextrakte des Süßholzes (Glycyrrhiza glabra), auch als Lakritz bekannt und Knoblauch (Allium sativa) besitzen leberschützende Wirkungen, die bei einer Fastenkur eingesetzt werden können, um die Leber vor freigesetzten Toxinen zu schützen (Luper, 1999).
Neben pflanzlichen Mitteln ist wie schon erwähnt eine gute Versorgung mit Antioxidatien bei einer Entgiftungsreaktion notwendig. Bei der Ausleitung von Schwermetallionen benötigt das Phase 2 Enzym Glutathion-S-Transferase ausreichend Glutathion für die Kopplungsreaktion. Glutathion hat ein sehr hohes Redoxpotential und ist ein hervorragendes Reduktionsmittel, dass in Gegenwart anderer Antioxidantien relativ schnell oxidiert wird. Auch die eingeschränkte Resorption von Glutathion trägt dazu bei, dass nur wenig oral eingenommenes Glutathion die Zellen erreicht. Es macht daher Sinn, die Bausteine für Glutathion einzunehmen, damit es von den Zellen vor Ort, wo es gebraucht wird, hergestellt werden kann. Aus diesem Grund kann man eine Leberentgiftung durch die Einnahme von L-Glutamin, Glycin, L-Arginin, Lysin, L-Methionin, L-Zystein und Taurin unterstützen.
Nachdem die Leber Giftstoffe über die Galle in den Darm abgeführt hat, besteht ein gewisses Risiko, dass diese Stoffe wieder über den Darm aufgenommen werden. Dies bezeichnet man als enterohepatischen Kreislauf. Wie dies verhindert werden kann, erfahrt Ihr in den Detox Blogs 3 und 4, die sich der Entgiftung von Galle und Darm widmen.
Bildquelle: © Elenarts - Fotolia.com
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