Die Paleo-Ernährung steht im Ruf besonders gesund zu sein, da auf Lebensmittel verzichtet wird, an die sich unser Körper sich nicht angepasst hat, seit die Menschheit vom Sein als Jäger und Sammler zur Landwirtschaft überging.
Es ist zwar ein weites Feld der Diskussion, wie hoch der Pflanzenanteil in der Paleo-Ernährung war, jedoch ist klar, dass wohl die wenigsten Steinzeit-Menschen reine Vegetarier waren (wenn sie nicht miserable Jäger waren).
Über den prozentualen Fleischanteil in der Paleo-Ernährung will ich nun gar nicht argumentieren. Es geht mir hauptsächlich um die Frage, ob uns das Fleisch, das wir heute im Rahmen einer Paleo-Diät essen, überhaupt gesund ist.
Ja, es gibt viele Publikationen, die grundsätzlich davon ausgehen, dass rotes Fleisch gesundheitsschädlich sei. In einem Artikel habe ich vor einiger Zeit schon zusammengefasst, warum ich denke, dass das nur auf verarbeitetes Fleisch zutrifft. Doch auch unverarbeitetes Fleisch kann je nach Zubereitungsart mehr oder weniger gesundheitsförderlich sein.
Je nach Temperatur und Garmethode entstehen aus Kreatin oder Kreatinin, Aminosäuren und Zucker im Fleisch (und Fisch) heterozyklische Amine (HCA). Deren Anteil steigt mit der Temperatur und Erhitzungsdauer (Iwasaki et al., 2010). HCA stehen im Verdacht mutagen und krebserregend zu sein (Zheng and Lee, 2009), aber die Studienlage ist immer noch unübersichtlich, weil solche Analysen am Menschen schwer über längere Zeiträume durchzuführen sind. Es ist auch immer noch nicht klar, ob das Marinieren von Fleisch den Anteil von HCA erhöht oder evtl. sogar erniedrigt. Auch hier wird die Ursache sein, dass es nicht die „eine“ Marinade gibt, sondern manche Marinaden scheinen den HCA Anteil zu erhöhen, andere zu erniedrigen. Es gibt zum Beispiel Hinweise, dass Traubenkernextrakte und Rosmarin in Marinaden antioxidativ wirken und die Entstehung von HCA beim Grillen reduzieren (Gibis and Weiss, 2012). Mit gesundem Menschenverstand sollte man wohl (wie früher schon empfohlen) das Fleisch nicht zu schwarz grillen oder braten. Eine weitere Empfehlung ist es, den Wassergehalt beim Kochen und Grillen nicht zu stark zu reduzieren (also nicht „durch“ zu garen), da dies den HCA Gehalt erhöht. Ein Anteil reduzierender Zucker (Glukose und Fruktose, aber nicht Saccharose = Haushaltszucker) von 2 bis maximal 4% in Hackfleisch (aber auch in Marinaden) reduziert die Entstehung von HCA in der frühen Phase der Maillard-Reaktion. Daher macht es auch Sinn, in Marinaden Zwiebeln einzusetzen, die Fruktose und Glukose enthalten (Kikugawa, 2004).
Wenn man nun denkt, dass man dann besser auf rohes Fleisch wie Mett oder Carpaccio zurückgreifen sollte, sollte sich neuere Theorien des deutschen Krebsforschers Harald zur Hausen anschauen, der für die Entdeckung, dass Viren für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs mitverantwortlich sind, den Nobelpreis erhielt. Zur Hausen weist darauf hin, dass in Rindfleisch verschiedene Viren vorkommen, die an der Entstehung von Darmkrebs beteiligt sind (zur Hausen, 2012). Diese werden erst ab Temperaturen von ca. 80°C abgetötet, sind also in rohem oder wenig erhitztem Fleisch noch immer vorhanden (Antonic et al. 2013). Diese Viren scheinen in Schweine- oder Hühnerfleisch nicht vorzukommen (oder es wurden ähnliche Viren einfach noch nicht entdeckt), aber diese Fleischsorten sollte man aus anderen Gründen auch besser nicht roh essen (z.B. wegen der Salmonellengefahr bei Hühnchen).
Und dann haben wir noch den heute in der Paleo-Szene so viel geliebten Frühstückspeck. Folgt man dem anerkannten Paleo-Experten Loren Cordain, ist der heute billig angebotene Frühstückspeck ein inhaltlich wertloses Produkt, auf das man besser verzichten sollte. Frühstückspeck wird mit Nitritpöckelsalz haltbar gemacht, was eigentlich eine giftige Substanz ist, die bei einer Einnahme von 4g tödlich ist. Kochsalz mit 0,4 bis 0,5% Natriumnitrit ist jedoch als Lebensmittelzusatzstoff (E250) als Konservierungsmittel zugelassen, weil es das Wachstum von Bakterien verhindert. Beim Erhitzen entstehen in Verbindung mit Fleisch daraus Nitrosamine, die auch wieder im Verdacht stehen, krebserregend zu sein. Auf der anderen Seite weist der Paleo-Experte Chris Kresser darauf hin, dass die meisten Nitrosamine in pflanzlicher Nahrung stecken und es gibt Anzeichen, dass Nitrosamine auch antioxidativ wirken können und sogar anti-kanzerogen sind.
Da Nitritpökelsalz bestimmt auch den eigenen Darmbakterien nicht besonders gut tut, gibt es einen Trick: Wenn man seinen Frühstückspeck 5 min wässert, bevor man ihn brät, wäscht man einen Großteil des Salzes aus. Das reduziert dann beim Braten auch die Entstehung von Nitrosaminen um die Hälfte (Osterdahl, 1988). Wenn man dann seinen Frühstücksspeck auch noch in der Mikrowelle anstatt in der Pfanne erhitzt, so reduziert dies die Entstehung von Nitrosaminen noch weiter (Osterdahl and Alriksson, 1990).
Ist das Fleisch für Paleo-Anhänger nun ungesund? Nun, wie so oft: Die Dosis macht das Gift. Zu fleischlastig sollte die Ernährung wahrscheinlich besser nicht sein. Dazu sind dann auch noch die Zubereitungsart und die Art des Fleisches zu beachten. Fleisch besser nicht zu oft roh, nicht zu stark gegart, aber auch nicht zu wenig gegart essen. Und wenn marinieren, nicht zu viel, aber den richtigen Zucker verwenden. Und Rosmarin gehört für mich fast instinktiv dazu. Das die gute Herkunft des Fleischs (Weidetiere etc.) eine Rolle spielt, dürfte wohl sowieso klar sein.
Wer weitere gute Tipps für Marinaden hat, kann sie gerne schicken. Die werde ich dann veröffentlichen.
Bildquelle: © Jens
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