Direkt zum Hauptbereich

Taugen Menschen zum Vegetarier?


In meinem letzten Artikel zur vegetarischen Ernährung bin ich zum Schluss gekommen, dass Menschenaffen einen großen Teil Ihrer Ernährung aus Pflanzen beziehen, aber durchaus auch mehr oder weniger hohe Anteile fleischlicher Nahrung zu sich nehmen. Damit sind sie prinzipiell Allesfresser, leben aber meist einen vegetarischen Lebensstil.
Vergleicht man die Anatomie der Menschen mit der der Menschenaffen, so kann man feststellen, dass der menschliche Darm eine Sonderstellung einnimmt (Billings, 1999). Anhand des Darms kann man den Menschen wohl eher den Allesfressern, als den Pflanzenfressern zuordnen. Betrachtet man die Evolution des Kauapparats, so stellt man fest, dass Vormenschen schon vor ca. 4 Millionen Jahren kleinere Reißzähne ausgebildet haben, als es die heutigen Menschenaffen tun. Ob dies jedoch schon alleine als Anzeichen für eine Bevorzugung von pflanzlicher Nahrung gewertet werden kann ist fraglich. Mir geht es in meiner Analyse auch gar nicht darum zu zeigen, ob der Mensch von seiner Anatomie her ein Fleisch- oder ein Pflanzenfresser ist. Bedingt durch seine Hirnentwicklung seit der Abspaltung von den Menschenaffen ist der Mensch in der Lage, anatomische Schwächen durch Werkzeuggebrauch zu kompensieren. Auch wenn er keine Reißzähne hat, braucht er auf diese Weise auf deren Funktion nicht zu verzichten. Aber auch wenn er keinen Darm wie ein Pflanzenfresser hat, braucht der den heute auch nicht mehr. Die Fähigkeiten des Menschen erlauben es ihm, die Ernährungsweise anzunehmen, für die er sich entscheidet und nicht die, für die die Natur seine Vorfahren entwickelt hat.
Die bakterielle Zusammensetzung des Menschen kann sich schnell an das Nahrungsangebot anpassen (Ley et al., 2008; David et al., 2014). Damit kann der Mensch recht schnell auf das Nahrungsangebot reagieren, welches gerade vorhanden ist und die Nahrung dann jeweils bestmöglich aufschließen und verwerten. D. h., wenn sich jemand wissentlich dafür entscheidet, sich vegetarisch zu ernähren, so ist sein Körper in der Lage mit diesem Lebensstil genau so gut zurecht zu kommen, wie derjenige, der sich wie ein „Allesfresser“ ernährt.
Nun gibt es Studien die belegen, dass Vegetarier einen besseren Gesundheitszustand haben, als „Allesfresser“, was dann als Beleg dafür gilt, dass diese Lebensweise die beste wäre (Orlich et al., 2013). Dies kann man jedoch nicht nur der vegetarischen Ernährungsweise zuschreiben. Oft haben Vegetarier insgesamt eine gesündere Lebensweise: Sie rauchen weniger, trinken weniger Alkohol, machen mehr Sport und nehmen oft auch weniger Kalorien zu sich als nicht-Vegetarier. Da wundert es nicht, dass sie im Schnitt gesünder sind. Es gibt auch Studien die zeigen, dass eine primär pflanzliche Ernährung mit einem geringen Anteil an Fleisch genauso gut ist wie eine rein vegetarische. Und dann gibt es Belege dafür, dass die sogenannte Steinzeit-Diät mit hohem Fleisch- und Fettanteil, aber ohne Milch und Getreideprodukte gesünder für den Menschen ist, als es die derzeit typisch westliche Ernährungsweise ist (Cordain, 2005). Vegetarier, die z.B. aus ethischen Gründen einfach nur das Fleisch weglassen und ansonsten Ihre Nahrung nicht anpassen, können durchaus eine Minderversorgung mit einzelnen Nahrungsbestandteilen riskieren (McEvoy et al., 2012). Wer sich umgekehrt jedoch wie ein „Allesfresser“ ernährt, jedoch nicht aufpasst, dass er genügend Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe aufnimmt, riskiert ebenso eine Minderversorgung (Clarys et al., 2014). Solange man sich mit nicht-industriell veränderten Lebensmitteln versorgt und sich insgesamt einer gesunden Lebensweise widmet, ist bei ausgewogener Zusammensetzung die Art der Nahrung wohl zweitrangig.
Meine Meinung ist daher, dass der Mensch von seiner Natur her nicht ein Vegetarier, sondern eher ein „Allesfresser“ ist, der aber selbst wählen kann, wie er sich ernährt. Er kann durchaus willentlich ein Vegetarier sein. Wenn er auch noch sein Hirn benutzt und darauf achtet, dass er bei welcher Ernährungsart auch immer sich ausgewogen ernährt, kann jeder nach seiner Façon glücklich werden. Man „ist“ also was man „isst“.
Es würde mich freuen, von Euch zu erfahren, wie Ihr die vegetarische Ernährungsweise einstuft.

Autor: Jens
Bildquelle: © Piotr Marcinski - Fotolia.com

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Methylenblau

Methylenblau - gut oder böse? Methylenblau ist eigentlich ein alter Wein in neuen Schläuchen. Seit Jahren wird es immer wieder als ein Geheimtipp zur "Selbstoptimierung" gehandelt. Aber ist es wirklich ein so ungefährlicher Stoff, dass sich Laien damit selbst behandeln können? Bildquelle Methylenblau wurde zum ersten Mal 1876 von dem deutschen Chemiker Heinrich Caro aus Teer hergestellt. In die Medizin wurde die Substanz durch Paul Ehrlich eingeführt. Er verwendete den Farbstoff, um Zellen für die Mikroskopie zu färben. Dabei fand er heraus, dass sich Methylenblau in Parasiten und von Parasiten befallenen Zellen anhäuft. Daraus wurde eine Behandlungsmethode für Malaria entwickelt. Das war der Beginn der modernen Pharmakologie. Seine Wirkung entfaltet Methylenblau durch seine Fähigkeit, als Redox-Mittel zu agieren. Nimmt Methylenblau 2 Elektronen auf, wird es zum farblosen Methylenweiß. Gibt Methylenweiß zwei Elektronen ab, wird es wieder zu Methylenblau. Methyle

Ketose Teil 1: Die Rolle der Autophagie bei der Zellverjüngung

Ketose Teil 1: Die Rolle der Autophagie bei der Zellverjüngung Wäre es nicht toll, wenn es den sagenumwobenen Jungbrunnen tatsächlich gäbe? Man steigt alt hinein und kommt als junger Mensch wieder heraus. Tatsächlich sitzt ein solcher Jungbrunnen in unseren Körperzellen und hält uns lange fit ( Aman et al, 2021 ). Hätten wir ihn nicht, würden wir viel früher altern und sterben. Durch unseren heutigen Lebensstil schaden wir jedoch unserem Jungbrunnen. Das fatale Ergebnis: gerade wenn wir altern und ihn am meisten bräuchten, verliert er durch unser eigenes Zutun mehr und mehr an Kraft. Dieser Jungbrunnen ist die Autophagie ( Madeo et al, 2015 , Wong et al, 2015 ). Steuern können wir die Autophagie durch Ketose. Bildquelle Während des normalen Stoffwechsels fallen in unseren Zellen Endprodukte an, die uns schaden. Zusätzlich schädigt oxidativer Stress unsere zellulären Bestandteile wie z.B. Proteine und kleine Organelle innerhalb der Zellen. Diese Endprodukte und gesc

Sind Transfette eigentlich gefährlich?

Immer wieder wird man mit Aussagen zu Fetten konfrontiert, die sich anscheinend widersprechen. Einmal sind z.B. Transfette gefährlich, ein anderes Mal eben nicht. Wie kommt es zu solchen Widersprüchen? Fette sind aus Glyzerin und Fettsäuren aufgebaut. Es gibt nun einmal nicht eine einzige trans-Fettsäure, sondern viele verschiedene. Deshalb gibt es auch verschiedene trans-Fette. Diese unterscheiden sich in der Länge (= Anzahl der Kohlenstoffatome in der Kette), aber auch in der Art und Anzahl der Verbindungen der Atome in den Fettsäureketten. Dabei können zwei Kohlenstoffatome entweder mit einer Einfach- oder einer Doppelbindung miteinander verbunden sein. Kommen in einer Fettsäure Doppelbindungen vor, spricht man von einer ungesättigten Fettsäure, die mit nur Einfachbindungen zwischen den Kohlenstoffatomen heißen gesättigte Fettsäuren. Wenn eine Fettsäure eine Doppelbindung aufweist, kann diese in einer cis- oder einer trans-Anordnung vorliegen: bei cis-Anordnung (cis = diesseiti