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Säure Base Teil 1: Gibt es eine Übersäuerung des Körpers?


Es ist unstrittig, dass ein stabiler pH-Wert unseres Blutes lebensnotwendig ist. Der normale pH-Wert von arteriellem Blut liegt im leicht alkalischen Bereich von 7,4 +/- 0,05. 


Abweichungen über diesen Bereich nach unten werden als Azidose (Übersäuerung) bezeichnet, wobei Werte über 7,0 noch immer im alkalischen Bereich liegen, Abweichungen nach oben (über 7,45) werden als Alkalose (Untersäuerung) bezeichnet. Es existieren verschiedene physiologische Regelmechanismen im Körper, die den pH-Wert stabil im Bereich von 7,4 halten. Die Zufuhr von Wasserstoff-Ionen in das Blutsystem führt zu einem Abfall des pH-Werts. Dies kann z.B. durch den Stoffwechsel von schwefel- stickstoff- und phosphorhaltigen Molekülen wie speziellen Aminosäuren geschehen. Stabilisiert wird der pH-Wert hauptsächlich durch das Kohlensäure-Bicarbonat-System. Es reguliert den pH-Wert durch Gasaustausch über die Lunge und die Ausscheidungen der Nieren (Martin and Weigt, 2005).
Weicht der pH-Wert längere Zeit vom Normalbereich ab, kann dies lebensbedrohliche Folgen haben. Das bekannteste Beispiel hierfür ist die akute Ketoazidose von Diabetikern, die unbehandelt tödlich verläuft. Bei langanhaltendem Insulinmangel kommt es zu hohen Zuckerspiegeln, die der Körper jedoch nicht zur Energiegewinnung nutzen und damit abbauen kann. Er greift auf seine Fettreserven zurück, bei deren Abbau gehäuft die organischen Säuren Acetessigsäure und beta-Hydroxybuttersäure ins Blut gelangen und den pH-Wert unter pH 7,25 absenken, durch Insulingabe stabilisiert sich der Blut-pH-Wert jedoch wieder.
Neben Diabetes können verschiedene Gründe zu einer systemischen Azidose führen (pH-Wert-Abfall im ganzen Körper): Sport im anaeroben Bereich, Magenentzündungen, übermäßiger Proteinverzehr, Blutarmut, AIDS, der Alterungsprozess und die Menopause. Eine Azidose kann auch lokal auftreten. Während der arterielle pH-Wert normalerweise konstant bei ca. 7,4 liegt, liegt der pH von venösem Blut bei ca. 7,36, also am unteren Normalbereich. Die Gewebsflüssigkeit in Organen und um Organe herum hat generell niedrigere pH-Werte als das arterielle Blut. Der ist abhängig von der metabolischen Aktivität der Zellen, die beim Stoffwechsel Säuren produzieren sowie dem Abstand zur nächsten Kapillare und der Qualität der Mikrogefäßversorgung (Arnett, 2008). Der pH-Wert in und auf unserem Körper kann beträchtlich von einem zum anderen Ort schwanken: Der Säuregehalt unseres Magens liegt bei 1,35 bis 3,5. Der saure Mageninhalt wird im Darm wieder auf basische Werte zwischen pH 7,5 und 8,0 gebracht, damit die Enzyme die Nahrung aufschließen können. Unsere Haut ist recht sauer von pH 4 bis 6,5, um einen Säureschutzmantel gegen Mikroben zu bieten. Der pH-Wert unseres Urins schwankt stark zwischen sauren 4,6 bis basischen 8,0 (Schwalfenberg, 2012).
Es kann also durchaus sein, daß der pH-Wert innerhalb unseres Körpers auch unter Normalbedingungen im leicht sauren Bereich liegt. Bindegewebsstrukturen und Knorpel, die u.a. auch aus Eiweiß-Zuckerstrukturen aufgebaut sind (sog. Proteoglycane), besitzen funktionelle Säuregruppen, mit denen Sie Wasser binden können. In einer sauren Umgebung geht diese Bindungsfähigkeit verloren, was die Funktionen dieser Gewebestrukturen beeinträchtigt. Diese Effekte auf das Bindegewebe sind mit schulmedizinischen Methoden jedoch (noch?) nicht nachweisbar. Generell jedoch ist das Puffersystem so angelegt, dass der Körper versucht, den optimalen Bereich von pH 7,4 zu halten. Je mehr Säuren im Kreislauf vorkommen, die das Blut von diesem Optimalwert abweichen lassen würden, umso mehr Anstrengung muss der Körper unternehmen, um den Optimalwert zu halten. Sportmediziner haben herausgefunden, dass die Leistungsfähigkeit von Sportlern höher ist, wenn sie puffernde Substanzen wie Natrium-Bicarbonat zu sich nehmen. Diese Wirkung ist nicht ganz geklärt, hängt aber anscheinend auch damit zusammen, dass die Milchsäure, die bei Anstrengung entsteht, durch das aufgenommene Carbonat gepuffert wird (Raymer et al., 2004; König et al., 2009). Beim Stoffwechsel von Protein entstehen aus schwefelhaltigen Aminosäuren Ammonium-Ionen und Sulfate. Um diese sauren Substanzen zu neutralisieren, greift der Körper auf sein eigenes Depot an basischen Substanzen zurück, den Knochen. Dafür wird aus dem Knochen Citrat und Carbonat herausgelöst. Insgesamt wird dabei Kalzium über den Urin ausgeschieden, wobei die ausgeschiedene Kalziummenge mit der aufgenommenen Proteinmenge korreliert (Massey, 2003). Dabei kann eine erhöhte, nicht-kompensierte Kalziumausscheidung zu Nierensteinen und Osteoporose führen (Wiederkehr and Krapf, 2001)
Schulmediziner und Vertreter der Säure-Base-Theorie sind sich darin einig, dass akute Azidosen selten auftreten. Die Vertreter der Säure-Base-Theorie sagen jedoch, dass eine chronisch latente Azidose bedingt durch unsere westliche Ernährung mit einem hohen Anteil an tierischen Proteinen langfristig für viele chronische Erkrankungen verantwortlich ist. Eine Betrachtung der im Körper vorkommenden pH-Werte zeigt, dass es neben der krankhaften Azidose eigentlich keine echte chronische Azidose gibt, sondern eher eine chronische Überlastung der Puffersysteme. Aber auch wenn die pH-Werte in Ordnung sind, kann die Überforderung des Puffersystems indirekte Auswirkungen wie z.B. Nierensteine und Osteoporose haben.

Autor: Jens
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