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Was sind Präbiotika und wie wirken sie?


Der Begriff Präbiotika ist relativ jung und wurde erst in den 1990er Jahren geprägt (Gibson and Roberfroid, 1995). Präbiotika sind kurz- bis mittellange Kohlenhydrate (Oligosaccharide), die zu den Ballaststoffen gehören, aber nicht alle Ballaststoffe sind Präbiotika. Um als Präbiotika eingestuft zu werden, müssen Ballaststoffe folgende Kriterien erfüllen:

1. Sie sind resistent gegenüber dem Magensaft und den Enzymen des oberen Verdauungstraktes,
2. sie sind fermentierbar durch die Darmbakterien und
3. sie stimulieren das Wachstum und die Aktivität der Darmbakterien im Sinne von Gesundheit und Wohlbefinden (Slavin, 2013).

Voraussetzung für die Wirksamkeit von Präbiotika ist allerdings immer die Präsenz der durch Präbiotika geförderten Mikroorganismen. Sonst läuft deren Verzehr ins Leere (Bischoff, 2011). Zu den typischen Präbiotika gehören Pektin, Inulin, Fruktooligosaccharide und Galaktooligosaccharide, die das Wachstum von im Dickdarm vorhandenen probiotischen Bakterien wie Bifidobakterien und im geringeren Ausmaß das von Laktobakterien fördern. Der Vorteil dieser Substanzen ist es, dass sie im Gegensatz zu probiotischen Bakterien ohne jede Beeinträchtigung die Passage durch den oberen Verdauungstrakt überstehen und die schon im Dickdarm existierenden Milchsäurebakterien gezielt fördern (Gibson, 1999). Aber auch Gummi arabikum (aus Pflanzensaft der Verek-Akazie), Arabinoxylan (auch Hemizellulose genannt; Stützgerüst von Pflanzenzellwänden), Flohsamen (Psyllium), Bananen, das synthetische Stärkeabbauprodukt Weizendextrin, das synthetische Disaccharid Lactulose,  resistente Stärke und beta-Glycane (aus verschiedenen Getreidesorten) haben präbiotische Eigenschaften. Präbiotika sind als sicher eingestuft. Einige, wie z.B. Inulin können jedoch mild abführende Wirkung haben oder in höheren Mengen zu Durchfällen und Blähungen führen (Macfarlane et al., 2008).

Kinder, die auf natürliche Art geboren werden, erhalten ihre Erstbesiedelung  durch die Mutter. Werden sie danach mit Muttermilch aufgezogen, fördern die in der Muttermilch enthaltenen Galaktooligosaccharide die Bifidobakterien des Darms und diese Kinder haben nur etwa 1% Enterobakterienarten im Darm. Kinder, welche mit Säuglingsnahrung gefüttert werden, haben eine weit höhere Varianz an Bakterien mit einem höheren Anteil an Clostridien und Streptokokken. Derzeit wird versucht Säuglingsnahrung mit Oligosacchariden aus Kuhmilch zu ergänzen, um einen ähnlichen Effekt zu bekommen (Barile and Rastall, 2013).

Es mehren sich die Beweise, dass Präbiotika einen positiven Effekt auf verschiedene Darmerkrankungen wie Durchfälle, Reizdarm (engl. Irritable Bowel Syndrom, IBD), Colitis ulcerosa haben. Ferner erhöhen sie die Bioverfügbarkeit von Mineralien und scheinen das Risiko für Übergewicht zu reduzieren, da sie das Sättigungsgefühl erhöhen (Brownawell et al., 2012). Im Enddarm werden aus den präbiotischen Kohlenhydraten durch probiotische Bakterien bei der Fermentation kurzkettige Fettsäuren aufgebaut (engl. short chain fatty acid; SCFA). Das dabei entstehende Propionat kann die Cholesterolsynthese hemmen und verbessert damit z.B. den Lipidstoffwechsel. Das Butyrat dient den Darmepithelzellen als bevorzugte Energiequelle. Diese SCFAs scheinen auch eine schützende Funktion gegen Darmkrebs zu besitzen (Lattimer and Haub, 2010, Bindels et al., 2012). Die SCFAs sind wasserlöslich und können aufgenommen und über den Blutstrom im Körper verteilt werden. Präbiotika wirken auch entzündungshemmend und zeigen eine verbessernde Wirkung beim atopischen Ekzem und Allergien (Osborn and Sinn, 2013). Idealerweise werden Präbiotika direkt zusammen mit Probiotika eingenommen. Diese Kombination, Synbiotika genannt, hilft den Probiotika, den Transfer durch den oberen Darmtrakt zu überleben und führt damit zu einem additiven oder sogar synergistischen Effekt mit den Präbiotika (Roberfroid, 2000). Eine altbekannte Quelle solcher Synbiotika stellen traditionell fermentierte Lebensmittel dar.

Autor: Jens
Bildquelle: © unlim3d - Fotolia.com

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