Direkt zum Hauptbereich

Was ist resistente Stärke?

Kartoffeln enthalten resistente Stärke

Nach diversen Diättipps gibt es seit einiger Zeit eine neue Empfehlung, um Gewicht zu verlieren. Dies betrifft die sog. resistente Stärke, die, weil unverdaulich, weniger Kalorien verfügbar hat.
Resistent heißt in diesem Zusammenhang, dass die Stärke vom menschlichen Verdauungsapparat nicht verwertet werden kann und zum großen Teil in den Enddarm gelangt (Englyst et al., 1996). Damit hat resistente Stärke Ähnlichkeit mit anderen Ballaststoffen. Sie sind aus vielen Zuckermolekülen zusammengesetzt, deren chemische Verbindung durch menschliche Enzyme nicht aufgeschlossen werden. Dafür gibt es verschiedene Gründe, da man auch 4 verschiedene Typen von resistenter Stärke unterscheidet (Croghan, 2003).

  • Die RS1 Stärke ist physikalisch unzugänglich innerhalb von Zellwänden (Amyloblasten) eingelagert. Sie kommt z.B. in Getreidekörnern vor. 
  • RS2 sind Stärkekörnchen, die z.B. in rohen Kartoffeln und Mais vorkommen. 
  • RS3 ist retrogradierte oder kristalline Stärke, die z.B. in gekochten und dann wieder abgekühlten Kartoffeln entsteht (Yadev et al., 2009). 
  • RS4 ist chemisch modifizierte Stärke wie z.B. Dextrine mit veränderter Vernetzung der Zuckermoleküle.

Besonders interessant sind in diesem Zusammenhang die Kartoffeln. Rohe Kartoffeln enthalten wie beschrieben RS2. Diese besteht zu ca. 20% aus wasserlöslicher Amylose und zu ca. 80% aus wasserunlöslichem Amylopektin. Da in rohen Kartoffeln das Amylopektin die Amylose umhüllt, ist die Amylose dem Enzym Amylase nicht zugänglich und kann daher nicht verwertet werden. Damit ist im rohen Zustand die Amylose resistent, obwohl sie offen zugänglich nicht resistent wäre. Beim Kochen wird diese Stärke verfügbar (Garcia-Alonso and Goni, 2000). Das Amylopektin quillt, es kann Wasser in das Innere der Stärkekörner gelangen und die Amylose beginnt sich zu lösen. In diesem Zustand kann die Amylose mittels des Enzyms Amylase zerkleinert werden. Beim Abkühlen einer Kartoffel geht ein kleiner Anteil der gelösten Amylose in einen mikrokristallinen Zustand (RS3) über und ist dann wiederum nicht für die Amylase zugänglich und kann nicht mehr enzymatisch aufgespaltet werden. Der Gehalt an RS3 ist dann 3-fach erhöht, liegt aber immer noch in einem niedrigen Bereich von 0,08 g je Gramm Trockengewicht (Muir and O’Dea, 1992). Damit ist der Anteil nicht resistenter Stärke in einer gekochten und wieder abgekühlten Kartoffel etwas höher als in einer frisch gekochten, aber deutlich geringer, als in einer ungekochten Kartoffel.
Wer rohe Kartoffeln als Ballaststoff nutzen will, kann heute auf rohe Kartoffelstärke zurückgreifen, die aus nicht-erhitzten Kartoffeln durch Gefriertrocknung gewonnen wird, wobei kein neues Solanin entsteht. Diese Stärke ist weitgehend verdauungsresistent und kann die Darmflora unterstützen (Le Blay et al., 2003). Wie viele andere Ballaststoffe kann ein Teil davon im Enddarm dann durch die Darmbakterien in kurzkettige Fettsäuen umgewandelt werden.
Im Handel gibt es heute auch chemisch modifizierte Stärke (RS4) oder Gemische aus RS3 und RS4, die dann einen geringeren Einfluß auf den Blutzuckerspiegel haben, als Stärke aus Getreide und Kartoffeln.

Autor: Jens
Bildquelle: © net_efekt - flickr.com

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Methylenblau

Methylenblau - gut oder böse? Methylenblau ist eigentlich ein alter Wein in neuen Schläuchen. Seit Jahren wird es immer wieder als ein Geheimtipp zur "Selbstoptimierung" gehandelt. Aber ist es wirklich ein so ungefährlicher Stoff, dass sich Laien damit selbst behandeln können? Bildquelle Methylenblau wurde zum ersten Mal 1876 von dem deutschen Chemiker Heinrich Caro aus Teer hergestellt. In die Medizin wurde die Substanz durch Paul Ehrlich eingeführt. Er verwendete den Farbstoff, um Zellen für die Mikroskopie zu färben. Dabei fand er heraus, dass sich Methylenblau in Parasiten und von Parasiten befallenen Zellen anhäuft. Daraus wurde eine Behandlungsmethode für Malaria entwickelt. Das war der Beginn der modernen Pharmakologie. Seine Wirkung entfaltet Methylenblau durch seine Fähigkeit, als Redox-Mittel zu agieren. Nimmt Methylenblau 2 Elektronen auf, wird es zum farblosen Methylenweiß. Gibt Methylenweiß zwei Elektronen ab, wird es wieder zu Methylenblau. Methyle

Sind Transfette eigentlich gefährlich?

Immer wieder wird man mit Aussagen zu Fetten konfrontiert, die sich anscheinend widersprechen. Einmal sind z.B. Transfette gefährlich, ein anderes Mal eben nicht. Wie kommt es zu solchen Widersprüchen? Fette sind aus Glyzerin und Fettsäuren aufgebaut. Es gibt nun einmal nicht eine einzige trans-Fettsäure, sondern viele verschiedene. Deshalb gibt es auch verschiedene trans-Fette. Diese unterscheiden sich in der Länge (= Anzahl der Kohlenstoffatome in der Kette), aber auch in der Art und Anzahl der Verbindungen der Atome in den Fettsäureketten. Dabei können zwei Kohlenstoffatome entweder mit einer Einfach- oder einer Doppelbindung miteinander verbunden sein. Kommen in einer Fettsäure Doppelbindungen vor, spricht man von einer ungesättigten Fettsäure, die mit nur Einfachbindungen zwischen den Kohlenstoffatomen heißen gesättigte Fettsäuren. Wenn eine Fettsäure eine Doppelbindung aufweist, kann diese in einer cis- oder einer trans-Anordnung vorliegen: bei cis-Anordnung (cis = diesseiti

Ketose Teil 1: Die Rolle der Autophagie bei der Zellverjüngung

Ketose Teil 1: Die Rolle der Autophagie bei der Zellverjüngung Wäre es nicht toll, wenn es den sagenumwobenen Jungbrunnen tatsächlich gäbe? Man steigt alt hinein und kommt als junger Mensch wieder heraus. Tatsächlich sitzt ein solcher Jungbrunnen in unseren Körperzellen und hält uns lange fit ( Aman et al, 2021 ). Hätten wir ihn nicht, würden wir viel früher altern und sterben. Durch unseren heutigen Lebensstil schaden wir jedoch unserem Jungbrunnen. Das fatale Ergebnis: gerade wenn wir altern und ihn am meisten bräuchten, verliert er durch unser eigenes Zutun mehr und mehr an Kraft. Dieser Jungbrunnen ist die Autophagie ( Madeo et al, 2015 , Wong et al, 2015 ). Steuern können wir die Autophagie durch Ketose. Bildquelle Während des normalen Stoffwechsels fallen in unseren Zellen Endprodukte an, die uns schaden. Zusätzlich schädigt oxidativer Stress unsere zellulären Bestandteile wie z.B. Proteine und kleine Organelle innerhalb der Zellen. Diese Endprodukte und gesc