Direkt zum Hauptbereich

Sind Kartoffeln mit Schale gesund oder ungesund?

Kartoffeln enthalten Giftstoffe in der Schale

In jüngster Zeit werden in Restaurants und auch im Lebensmittelhandel immer öfter Kartoffeln mit Schale angeboten (z.b. Wedges und auch Pommes Frites). In der Bevölkerung hat sich der Glaube durchgesetzt, dass unter und in der Kartoffelschale, ähnlich wie bei Äpfeln, die Vitamine höher konzentriert wären, und man sich mit deren Verzehr etwas Gutes tut.

Früher war das Wissen verbreitet, dass Kartoffeln, die zu den Nachtschattengewächsen (Solanaceae) gehören, Gifte produzieren können, die sich besonders in der Schale befinden, weshalb Kartoffeln nur geschält konsumiert wurden.
In der Schale von Kartoffeln befinden sich sog. Fraßgifte, das sind Gifte, die verhindern, dass diese Knollen (und auch andere grüne Pflanzenteil) von z.B. Insekten gefressen werden (Barel and Ginzberg, 2008). Besonders in grünen Teilen der Schale und im Bereich der „Augen“ (Sprossen), ist der Anteil dieser Gifte hoch. Diese Gifte gehören hauptsächlich zu den Glycoalkaloiden und Calysteginen. Hauptvertreter der Glycoalkaloide sind alpha-Chaconine und das den Solanaceae namensgebende alpha-Solanine, dt. Solanin (Friedman, 2006). Während es früher üblich war, Kartoffeln dunkel und kühl zu lagern, werden diese heute oft in der Küche zwischengelagert. Licht, aber auch Verletzungen der Schale können zu einem erhöhtem Giftanteil führen (Petersson et al., 2013).

Das Solanin und auch Chaconin sind temperaturstabil und werden durch Kochen nicht zerstört (Mäder et al., 2009). Beim Kochen in Wasser treten sie von der Schale in das Kochwasser über, und damit wird dieses nicht vitaminreich, sondern schlichtweg giftig und muss abgegossen werden.
Besonders falsch gelagerte Kartoffeln können bis zu 200 mg pro Kilogramm Glycoalkaloide enthalten. Werden diese nicht gekocht, wie z.B. Pommes Frites, verlieren sie diese Menge auch nicht an das Kochwasser. 1 bis 2 mg pro Kilogramm Körpergewicht gelten bereits als toxisch, 3 bis 6 mg/kg Körpergewicht können tödlich sein. Da diese Giftstoffe besonders für Nieren und Leber gefährlich sind, addieren sich Schäden bei häufigerem Verzehr. Besonders Kinder mit einem noch geringen Körpergewicht sind gefährdet. Bei z.B. 25 kg Körpergewicht sind 25 bis 50 mg schon toxisch, was einer Menge von 125 bis 250 g ungeschälter Pommes Frites entspricht, wobei natürlich auch geringere Mengen an Solanin Schäden verursachen können.

Während das Gift in der Schale ignoriert wird, hält sich immer noch das Gerücht, dass ungekochte Kartoffeln ungesund seien. Dies trifft nur zu, solange sie ungeschält sind und solange sie Triebe haben, da dies den Solaningehalt erhöht. Durch Schälen und/oder Zerkleinern kann sich neues Solanin bilden, solange die Zellen noch leben. Das ist eine Abwehrreaktion der Kartoffel gegen Keime. Ansonsten wird vereinzelt von allergischen Reaktionen berichtet, diese sind jedoch sehr selten (Beausoleil et al., 2001). Der Verzehr von geschälten rohen Kartoffeln hat jedoch allenfalls eine leicht abführende Wirkung (Cummings et al., 1996) und ist ansonsten ungefährlich. Aus rohen Kartoffeln wird daher auch resistente Stärke gewonnen, die die Blutzuckerspiegel nicht erhöht.
Ob roh oder gekocht, die einfachste Empfehlung kann nur lauten, Kartoffeln so wie althergebracht zu schälen und nicht, nur weil es schick ist, jeden (unsinnigen) Trend mitzumachen.

Autor: Jens
Bildquelle: © net_efekt - flickr.com

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Methylenblau

Methylenblau - gut oder böse? Methylenblau ist eigentlich ein alter Wein in neuen Schläuchen. Seit Jahren wird es immer wieder als ein Geheimtipp zur "Selbstoptimierung" gehandelt. Aber ist es wirklich ein so ungefährlicher Stoff, dass sich Laien damit selbst behandeln können? Bildquelle Methylenblau wurde zum ersten Mal 1876 von dem deutschen Chemiker Heinrich Caro aus Teer hergestellt. In die Medizin wurde die Substanz durch Paul Ehrlich eingeführt. Er verwendete den Farbstoff, um Zellen für die Mikroskopie zu färben. Dabei fand er heraus, dass sich Methylenblau in Parasiten und von Parasiten befallenen Zellen anhäuft. Daraus wurde eine Behandlungsmethode für Malaria entwickelt. Das war der Beginn der modernen Pharmakologie. Seine Wirkung entfaltet Methylenblau durch seine Fähigkeit, als Redox-Mittel zu agieren. Nimmt Methylenblau 2 Elektronen auf, wird es zum farblosen Methylenweiß. Gibt Methylenweiß zwei Elektronen ab, wird es wieder zu Methylenblau. Methyle...

Ketose Teil 1: Die Rolle der Autophagie bei der Zellverjüngung

Ketose Teil 1: Die Rolle der Autophagie bei der Zellverjüngung Wäre es nicht toll, wenn es den sagenumwobenen Jungbrunnen tatsächlich gäbe? Man steigt alt hinein und kommt als junger Mensch wieder heraus. Tatsächlich sitzt ein solcher Jungbrunnen in unseren Körperzellen und hält uns lange fit ( Aman et al, 2021 ). Hätten wir ihn nicht, würden wir viel früher altern und sterben. Durch unseren heutigen Lebensstil schaden wir jedoch unserem Jungbrunnen. Das fatale Ergebnis: gerade wenn wir altern und ihn am meisten bräuchten, verliert er durch unser eigenes Zutun mehr und mehr an Kraft. Dieser Jungbrunnen ist die Autophagie ( Madeo et al, 2015 , Wong et al, 2015 ). Steuern können wir die Autophagie durch Ketose. Bildquelle Während des normalen Stoffwechsels fallen in unseren Zellen Endprodukte an, die uns schaden. Zusätzlich schädigt oxidativer Stress unsere zellulären Bestandteile wie z.B. Proteine und kleine Organelle innerhalb der Zellen. Diese Endprodukte und gesc...

Ketose Teil 2: Was ist das eigentlich?

Ketose Teil 2: Was ist das eigentlich? Unser Körper kann sowohl Kohlenhydrate, Eiweiße als auch Fette zur Energiegewinnung nutzen. Damit er Fette nutzen kann, muss er im Zustand der Ketose sein. Dabei werden die Fette in Ketonkörper umgewandelt, die dann verstoffwechselt werden. Die Ketose ist eine Form der Energiegewinnung, die eine Alternative zum Zuckerstoffwechsel darstellt. Ketose zu erreichen ist jedoch schwieriger, als man denkt. Bildquelle Wie in Teil 1 schon geschrieben, stellen Kohlenhydrate und Zucker keine Bausteine für unseren Körper dar. Sie sind im Gegensatz zu Fetten und Eiweißen reine Energieträger. Daher verwendet der Körper Kohlenhydrate bevorzugt zur Energiegewinnung, da er sie sonst nicht verwenden kann. Fette und Eiweiße werden nur dann zur Energiegewinnung verwendet, wenn keine Kohlenhydrate oder Zucker vorliegen. Gesteuert wird dies durch das Hormon Insulin ( Staverosky, 2016 ). Ein hoher Blutzucker führt zum Anstieg von Insulin. Dies ermöglicht ...