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Was ist die Steinzeitdiät?


Die Erdgeschichte wird in unterschiedliche Zeitabschnitte eingeteilt. Die Grenzen dieser Abschnitte werden meistens durch Ablagerungsschichten von Gesteinen definiert. Der heutige Abschnitt, in dem wir leben, wird als Holozän bezeichnet und begann  vor ca. 12.000 Jahren. Der Abschnitt davor wird Pleistozän genannt. Das Pleistozän begann vor ca. 2,6 Mio. Jahren. Insgesamt ist das Pleistozän durch verschiedene Eiszeiten geprägt.

Sich von Afrika aus verbreitend, hat der Mensch in dieser Zeit langsam Europa erreicht. Die Zeitabschnitte der Menschheitsgeschichte werden durch die jeweiligen Werkstoffe definiert, die für Herstellung von Werkzeugen und Waffen benutzt wurden. Die Steinzeit, also die Zeit, in der Steinwerkzeuge benutzt wurden, begann wie das Pleistozän vor 2,6 Mio. Jahren, und endet regional sehr unterschiedlich durch das Aufkommen von Kupferwerkzeugen in Europa ca. 2.200 Jahre v. Chr. In der Jungsteinzeit gab es einen Wandel zu Ackerbau und Viehzucht. Dieser Übergang fand in Mitteleuropa um 5.500 v. Chr. statt. Dies ist die Grenze, von der die Anhänger der Steinzeitdiät sagen, dass sich die Ernährungsweise des Menschen zur heutigen Ernährungsform geändert hat. Die Ernährungsform davor wird als Steinzeit-Ernährung (auch Paleo-Diät, engl. Paleo-Diet) bezeichnet. Die Grundidee der Steinzeit-Diät ist die Aussage, dass sich der Mensch innerhalb der relativ kurzen Zeit seit Einführung des Ackerbaus genetisch kaum verändert hat, also im Wesentlichen dem Bauplan wie zur Zeit der Steinzeit entspricht. Daher ist der heutige Mensch nicht in der Lage gewesen, sich anatomisch auf die heutige Nahrung einzustellen. Da steinzeitliche Lebensgemeinschaften nicht unter den heutigen Zivilisationskrankheiten gelitten haben, soll auch heute die optimale Ernährung einer Steinzeiternährung entsprechen. Es stellt sich also die Frage, wie sah die Steinzeiternährung überhaupt aus?

Der Zeitraum der Paleo-Diät umfasst den riesigen Zeitraum von ca. 2,5 Mio. Jahren. In dieser Zeit hat sich die Pflanzen- und Tierwelt durch die Eiszeiten mehrfach stark geändert und der Mensch, der ursprünglich in Afrika lebte, ist langsam nach Norden vorgedrungen. Erste Reste von Menschen in Georgien sind ca. 1,8 Mio. Jahre alt. Vor 500.000 Jahren wurden zum ersten Mal Breitengrade um 45° N erreicht. Erst vor 40.000 Jahren erreichte der moderne Mensch Europa und verdrängte die dort heimischen Neandertaler bzw. vermischte sich mit ihnen.

Es ist klar, dass über einen so langen Zeitraum in unterschiedlichen Lebensräumen nicht eine Ernährungsart vorgeherrscht haben kann. Auch weiß man nicht genau, was die Menschen wo gegessen haben, da im Gegensatz zu Knochen, die Überreste der Ernährung nach so langer Zeit nicht mehr aufzufinden sind. Ein großer Teil dessen, wovon man ausgeht, dass es Bestandteil der Steinzeiternährung war, beruht daher auf Spekulationen und Annahmen. Wie hoch der Anteil von Fleisch, Fisch, Pflanzen (Gräsern, Früchten etc.) oder gar Insekten war, ist nicht belegbar. Aus der Analyse der Abnutzung von fossilen Zähnen und Isotopenmessungen von Knochen kann man gewisse Rückschlüsse auf die Nahrung ziehen. Aus Mangel an wissenschaftlich verwertbaren Fakten aus der Steinzeit, wurden viele Rückschlüsse aus Lebensgemeinschaften gewonnen, die sich auch heute noch auf einem steinzeitlichen Entwicklungsstand befinden. Solche Lebensgemeinschaften findet man jedoch über den Erdball verstreut, und sie leben in sehr unterschiedlichen Lebensräumen, so dass sich auch deren Ernährung stark unterscheidet. Eine neue Methode der Zahnwurzelanalyse hat bei thailändischen hominoiden Fossilien, die zeitlich datiert am Übergang von Miozän zu Pleistozän vor 5 Mio. Jahren lebten, ergeben, dass sich diese Primaten zu mehr als 50 % von Früchten und nur zwischen 1-25% von tierischen Quellen ernährten (Hamon et al., 2012). Bis in die 1980 Jahre  herrschte die Meinung vor, dass eine steinzeitliche Ernährung stark vegetarisch dominiert war (Milton, 2000).

In den USA wurde dann in den 1980er Jahren die Steinzeiternährung von Boyd Eaton und Melvin Konner (Eaton and Konner, 1985) einem breiteren Publikum näher gebracht. Seit dieser Zeit gibt es auch verschiedene Analysen die sagen, dass der Hauptteil der Ernährung dieser Zeit aus tierischem Fleisch, Fisch und Fett bestand (Cordain et al., 2002). Fälschlich wird aus diesen Analysen manchmal abgeleitet, dass die Steinzeit-Diät eine Low-Carb Diät sei, weil mehr Fleisch und weniger Stärke und Zucker konsumiert wurde. Die Steinzeit-Diät kann Low-Carb sein, muss es aber nicht. Wichtig ist zu erwähnen, dass zur damaligen Zeit erjagte Tiere soweit wie möglich verwertet wurden, was sowohl das Fett, wie auch die inneren Organe einschloss. Tierisch heißt also nicht reines Muskelfleisch. Insgesamt hatten die Menschen der Steinzeit jedoch einen wesentlich höheren körperlichen Einsatz zu bringen, um an Nahrung zu kommen, sei es bei der Jagd oder beim Sammeln.

Da wie erwähnt der Mensch innerhalb der Steinzeit in verschiedensten Regionen gelebt hat, die die unterschiedlichsten Nahrungsangebote hatten, wird sich der Anteil von Proteinen, Kohlenhydraten und Fett von Ort zu Ort und Zeit zu Zeit sehr stark unterschieden haben. Ein Kennzeichen der Steinzeit-Diät ist daher weniger das quantitative Verhältnis der Makromoleküle zueinander, als vielmehr der qualitative Aspekt.

Generell kann man von einer Steinzeit-Diät sagen, dass sie keine raffinierten Kohlenhydrate enthielt, da es diese damals noch nicht gab. Sie hatte wohl einen höheren Anteil an Pflanzenfasern und Protein, Fisch und Fleisch, sowie vergleichbare Mengen an Fett wie eine heutige Diät (Konner et al., 2010). Milch und Milchprodukte waren noch unbekannt.  Was die Sammler und Jäger gejagt und gefunden haben, entsprach den regionalen und saisonalen Gegebenheiten. Weiterer wichtiger Bestandteil waren zusätzlich noch Wurzelgemüse und Nüsse. Da noch keine Methoden des Haltbarmachens bekannt waren, waren die Lebensmittel frisch und unbehandelt, die Salzaufnahme war gering. Die Nahrung hatte eine hohe Qualität, was die Inhaltsstoffe betraf. Die tierischen (Fisch und Fleisch) und pflanzlichen Fette (Nüsse, Samen) besaßen ein geringeres Omega-6 zu Omega-3 Verhältnis als heute. Pflanzliche Öle waren so gut wie unbekannt. Im Gegensatz zur heutigen Ernährung bestand sie nur zu einem geringen Prozentsatz aus Gräsern, aus denen das heutige Getreide hervorging, dem ein hohes allergenes Potential zugesprochen wird. Neue Studien haben gezeigt, dass die Zusammensetzung der Steinzeitdiät ein höheres Sättigungsgefühl pro Kalorie als die Mittelmeerdiät ergibt (Jönsson et al., 2010), und dass sie sich besonders positiv auf Risikofaktoren für das Herz bei Typ-2 Diabetikern auswirkt (Jönsson et al., 2009).

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Steinzeit-Diät sich heute eher als ein Lebenskonzept, als eine Diät etabliert hat. Die Idee ist, Produkte so naturbelassen wie möglich zu essen, nur Nahrung zu verwenden, die nicht durch Züchtung verändert wurde und das in Kombination mit einem natürlichen Bewegungsprogramm. Idealerweise versorgt man sich regional und saisonal. Und in jüngster Zeit häufen sich die Empfehlungen, auch die Tag-Nacht Rhythmen denen der Sonne anzugleichen.

Autor: Jens
Bildquelle: © Dmitry Pichugin - fotolia.com

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