Die wichtigsten Formen von Diabetes sind der Typ-1 Diabetes, an dem ca. 5 % der Menschen in Deutschland leiden und der Typ-2 Diabetes, an dem ca. 90% der Menschen mit Diabetes leiden. Die restlichen Prozente teilen sich auf Schwangerschaftsdiabetes und viele seltene Diabetesformen auf.
In Deutschland steigt die Zahl der Neuerkrankungen stetig. Pro Jahr nimmt die Zahl der Menschen mit Typ-2 Diabetes jährlich um ca. 300.000 zu und liegt heute bei rund 9% der Bevölkerung. Heute ist in Deutschland jeder dritte über 70-Jährige Diabetiker. Zudem erkranken die Menschen immer früher an Typ-2 Diabetes, immer häufiger sind auch Kinder und Jugendliche durch Übergewicht vom Typ-2 Diabetes betroffen.
Im Jahr 2007 wurden mehr als 7 Mio. Bundesbürger wegen Diabetes mellitus behandelt, 2,3 Mio. davon mit Insulin. Erschreckend ist die Dunkelziffer: auf fast jede Person mit bekanntem Diabetes kommt eine Person mit bis dahin nicht diagnostiziertem Diabetes (Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2012). Damit haben fast 40% aller Menschen in der Altersgruppe 55 bis 74 eine mehr oder minder ausgeprägte Störung des Kohlenhydratstoffwechsels (Rathmann et al., 2003).
Isst man Nahrung, die Stärke oder Zucker (Glukose) enthält, führt dies zu einem Anstieg des Glukosespiegels im Blut. Der Körper reagiert durch Ausschüttung von Insulin, was die Zellen öffnet und erlaubt, dass die Glukose von den Zellen aufgenommen werden kann. Sportliche Betätigung hilft, den Blutzuckerspiegel schneller zu senken, da der Zucker als Energiequelle genutzt wird. Bei Typ-1 Diabetes ist die Bauchspeicheldrüse geschädigt und kann kein Insulin mehr herstellen. Daher muss sich der Patient bei Verzehr von Kohlenhydraten selbst Insulin verabreichen, um die Aufnahme der Glukose durch die Zellen zu steuern. Bei Typ-2 Diabetes wird von der Bauchspeicheldrüse noch etwas Insulin hergestellt, aber es reicht nicht aus, um den Blutzuckerspiegel einzuregeln.
Der übermäßige Genuss von Zucker scheint der Hauptgrund für die Entstehung von Typ-2 Diabetes zu sein. Zu Beginn der Erkrankung kommt es durch die permanente Anwesenheit von Glukose im Blut zu einer andauernden Ausschüttung von Insulin, was mit der Zeit zu einer erhöhten Insulintoleranz führt, da die Zellen des Körpers die Anzahl ihrer Insulinrezeptoren reduzieren. Erste Warnzeichen für diesen als Prädiabetes bezeichneten Zustand sind ein erhöhter Nüchternblutzuckerwert und ein erhöhter Hämoglobin A1c-Wert (Lyons and Basu, 2012). Mittelfristig führt die andauernde Ausschüttung von Insulin zu einer Reduktion der Bauchspeicheldrüsen-Funktion und dann zu Typ-2 Diabetes. Auch hier wird dann konventionell das fehlende Insulin medikamentös zugeführt. Langfristig kann sich aus Typ-2 Diabetes ein Typ-1 Diabetes entwickeln, wenn die Bauchspeicheldrüse ihre Funktion völlig einstellt.
Bis in die 1970er Jahre war in Deutschland die von Gerhardt Katsch, u.a. Begründer des ersten deutschen Diabetikerheims in Greifswald, favorisierte Behandlung von Diabetes eine Ernährung, die an die Insulinwirkung angepaßt wurde. Erst nach dem Einzug der einfachen Stoffwechselkontrolle setzte sich die Basis-Bolus-Therapie nach Karl Stolte durch, die noch heute praktiziert wird. Hier gilt eine „freie Diät“, wonach die Insulintherapie gemäß der Ernährung entsprechend vorgenommen wird.
Hohe Glukosewerte im Blut (Rossetti et al., 1990) sind ebenso wie hohe Insulinwerte (Urban et al., 2012) schädlich und Schuld an vielen Organstörungen. Der Diabetiker ist also ständig gehalten, den Blutzuckerwert, aber auch den Insulinwert innerhalb eines ungefährlichen Bereiches zu halten. Jedes Überschießen hat langfristig negative Wirkungen auf den Organismus. Trotz der Behandlung mit Insulin ist es daher erschreckend zu sehen, dass die meisten Diabetiker nicht am erhöhten Blutzucker leiden und sterben, sondern an den Folgeerkrankungen. Durch diese verkürzt sich das Leben von Typ-2 Diabetikern im Schnitt um ca. 8 Jahre; so treten Herzinfarkte 3-mal und Amputationen an den Beinen 8- bis 18-mal häufiger auf. Auch führen Diabetiker die Statistiken für schwere Augenerkrankungen und Dialysebehandlungen an.
Aus wissenschaftlicher Sicht ist es mir daher unverständlich, warum das Risiko eingegangen wird, durch das Essen von Kohlenhydraten und das Gegenregulieren mittels Insulin immer wieder toxische Blutspiegel zu tolerieren, die zu langfristigen Schäden führen. Da viele Diabetiker zumindest zu Anfang übergewichtig sind, gibt es die Ernährungsempfehlung, dass man als Diabetiker für eine Gewichtsreduktion Kalorien einsparen und auf Fett verzichten soll (Mann et al., 2004). Bei einer gleichbleibenden empfohlenen Verzehrmenge an Protein bleibt bei einer solchen Empfehlung bei Fettverzicht für die restlichen Kalorien nur die Zufuhr von Kohlenhydraten übrig. Meist wird empfohlen, die Kohlenhydrate in Form von Vollkornprodukten zu konsumieren. Warum man sich die Kalorien aber in Form von Kohlenhydraten anstatt von (hochwertigem) Fett zuführen soll, welches überhaupt nicht zu einer Insulinausschüttung führen würde, ist mir unverständlich. Im Vergleich zu reinem Zucker führen Vollkornprodukte zwar langsamer zu einem Blutzuckeranstieg, kompensiert werden muss dieser Anstieg aber auf jeden Fall wieder mit injiziertem Insulin.
Es gibt aber Ernährungsempfehlungen für Diabetiker, die die Gabe von Insulin deutlich reduzieren, im Idealfall sogar vermeiden helfen. Wegweisend ist hier der US-Arzt Dr. Richard Bernstein, der ein Ernährungsprogramm entwickelt hat, bei dem weitgehend auf Kohlenhydrate verzichtet wird. Obwohl selbst seit dem 12. Lebensjahr Typ-1 Diabetiker, erfreut sich Dr. Bernstein seit über 60 Jahren als Diabetiker Dank dieser Ernährungsweise bester Gesundheit. Hier findet Ihr die links zu einer Vortragsserie von Dr. Bernstein auf youtube (in Englisch):
Dr. Richard Bernstein Teil 1:
http://www.youtube.com/watch?v=9VaNJO7KMgg
Dr. Richard Bernstein Teil 2:
http://www.youtube.com/watch?v=RVYGjETjHPA
Dr. Richard Bernstein Teil 3:
http://www.youtube.com/watch?v=GhWbCH0QEZc
Dr. Richard Bernstein Teil 4:
http://www.youtube.com/watch?v=-9iiwZhqmjY
Dr. Richard Bernstein Teil 5:
http://www.youtube.com/watch?v=AJhW1rIiJU8
Dr. Richard Bernstein Teil 6:
http://www.youtube.com/watch?v=nx0iW8SpJrE
Wenn man sich diesen Erfahrungsbericht anschaut, muss man eigentlich zu dem Schluss kommen, dass es sich lohnt, durch eine angepasste Ernährung die Spätschäden von Diabetes zu vermeiden und zwar sowohl für Tpy-1, wie auch für Typ-2 Diabetes. In einer klinischen Studie mit stark übergewichtigen Typ-2 Diabetikern konnte mit einer strengen Kalorien-reduzierten Diät /600 kcal/Tag) die Insulinresistenz sogar wieder aufgehoben werden (Lim et al., 2011).
Sollte man noch zu dem Personenkreis gehören, bei dem bereits Prädiabetes diagnostiziert wurde, wo also die Bauchspeicheldrüse noch eine Restfunktion hat, ist es dringend angeraten, auf schnellverwertbare Kohlenhydrate wie Zucker zu verzichten und sich sportlich zu betätigen, um die Körperzellen wieder für Insulin zu sensibilisieren und damit die Entstehung von Typ-2 Diabetes zu verhindern (Pour and Daggogo-Jack, 2011, Hurley et al., 2011).
Bildquelle: © Dmitry Lobanov - Fotolia.com
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